Die IT-Sicherheitsrichtlinie gemäß § 75b SGB V bezieht sich auf die deutschen gesetzlichen Anforderungen an die Informationstechnologie-Sicherheit im Gesundheitswesen. Das SGB V steht für das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch, welches die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland regelt. § 75b wurde eingeführt, um die Sicherheit von Informationstechnologiesystemen im Gesundheitswesen zu gewährleisten. Einige Kernpunkte der IT-Sicherheitsrichtlinie sind:
- Definition von Mindeststandards für die IT-Sicherheit.
- Anforderungen an die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der IT-Sicherheitsmaßnahmen.
- Vorgaben zur Risikoanalyse und zum Risikomanagement.
- Anforderungen an die Protokollierung und Überwachung von IT-Systemen.
- Richtlinien zur Notfallplanung und zum Incident Management.
Die IT-Sicherheitsrichtlinie gemäß § 75b SGB V richtet sich an alle Akteure im Gesundheitswesen, insbesondere an Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten sowie deren Praxisteams. Sie gilt für Einrichtungen, die patientenbezogene Daten verarbeiten, was praktisch alle Arten von medizinischen Praxen einschließt, unabhängig von ihrer Größe.
Verantwortlichkeit und Überblickswissen: Es ist entscheidend, dass innerhalb einer Praxis oder medizinischen Einrichtung die Verantwortung für die IT-Sicherheit klar definiert ist. Selbst wenn technische Aspekte an externe Dienstleister ausgelagert werden, muss in der Praxis ein Grundverständnis für IT-Sicherheit vorhanden sein. Dies gewährleistet, dass die Praxisleitung informierte Entscheidungen treffen und die Verantwortung für die Einhaltung der Richtlinien übernehmen kann.
Schulung und Fortbildung: Angesichts der spezifischen Anforderungen und Fachbegriffe in der IT-Sicherheit sind Schulungen für das Praxispersonal empfehlenswert. Solche Schulungen können dabei helfen, ein grundlegendes Verständnis für IT-Sicherheitskonzepte zu entwickeln, welches für die Implementierung und Aufrechterhaltung von Sicherheitsmaßnahmen essentiell ist.
Praxisgrößen und spezifische Anforderungen: Die Richtlinie differenziert zwischen kleinen, mittleren und großen Praxen basierend auf der Anzahl der Mitarbeiter, die ständig mit IT-Aufgaben betraut sind. Abhängig von der Praxisgröße variieren die Anforderungen, wobei größere Praxen in der Regel komplexere IT-Strukturen haben und somit möglicherweise detailliertere Sicherheitskonzepte benötigen.
Aufteilung der Verantwortung: In größeren Praxen kann es sinnvoll sein, die IT-Verantwortung aufzuteilen, zum Beispiel in Bereiche wie Geräteverwaltung, Software-Administration und Netzwerkbetrieb. Diese Differenzierung hilft dabei, spezifische Sicherheitsrichtlinien effektiver umzusetzen und zu überwachen.
Einbeziehung externer Dienstleister: Wenn eine Praxis bestimmte IT-Dienstleistungen extern vergibt, wie z.B. die Website-Verwaltung oder das Terminmanagement, müssen diese Dienste ebenfalls den Sicherheitsrichtlinien entsprechen. Die endgültige Verantwortung für die IT-Sicherheit liegt weiterhin bei der Praxis, auch wenn Dienste extern vergeben werden.
Erweiterte Sicherheitskonzepte: Für Praxen, die über die Grundanforderungen der IT-Sicherheitsrichtlinie hinausgehen möchten, empfiehlt es sich, ein praxisübergreifendes Sicherheitskonzept zu entwickeln. Dieses sollte auch IT-Aspekte umfassen, die nicht direkt von der Richtlinie abgedeckt werden, wie kaufmännische Prozesse, Beschaffung oder verbundene Medizintechnik.
Insgesamt ist es für jede medizinische Einrichtung unerlässlich, ein solides Verständnis der IT-Sicherheitsanforderungen zu haben und diese kontinuierlich an neue technologische Entwicklungen und potenzielle Sicherheitsbedrohungen anzupassen. Denn die Bedrohung durch Cyberkriminalität in medizinischen Praxen ist besonders gravierend, da sie nicht nur die Integrität und Verfügbarkeit von Praxissystemen gefährdet, sondern auch die Vertraulichkeit sensibler Patientendaten. Eine erfolgreiche Cyberattacke auf ein System kann Türöffner für weitere Angriffe innerhalb des Praxisnetzwerks sein. Daher ist ein proaktiver und mehrschichtiger Ansatz zur IT-Sicherheit unerlässlich.
Bewusstsein und Schulung zu Phishing-Attacken: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen über die Risiken von Phishing-Attacken aufgeklärt und regelmäßig geschult werden. Sie sollten lernen, verdächtige E-Mails oder Nachrichten zu erkennen und im Zweifelsfall die Echtheit der Kommunikation durch direkten Kontakt mit dem Absender zu überprüfen.
Netzwerksegmentierung: Eine effektive Strategie zur Risikominimierung ist die Segmentierung des Netzwerks. Indem kritische Systeme, die sensible Daten verarbeiten, von weniger kritischen Systemen isoliert werden, kann das Risiko einer umfassenden Netzwerkkompromittierung reduziert werden. Beispielsweise könnte ein separates Netzwerk für Geräte eingerichtet werden, die nicht direkt für die Patientenversorgung oder -verwaltung benötigt werden.
Beschränkter Internetzugang: Praxen sollten sorgfältig abwägen, welche Systeme Internetzugang benötigen. Nicht jedes Gerät in einer Praxis muss online sein, insbesondere wenn es für die Verarbeitung oder Speicherung sensibler Informationen genutzt wird. Indem der Internetzugang auf Geräte beschränkt wird, die keine kritischen Daten enthalten, kann das Risiko von Cyberangriffen signifikant reduziert werden.
Isolierung von gefährdeten Systemen: Für Systeme, die als besonders gefährdet gelten, kann eine vollständige Isolierung sinnvoll sein. Beispielsweise könnten für bestimmte Tätigkeiten dedizierte Computer ohne Zugriff auf das Hauptnetzwerk der Praxis eingesetzt werden. Diese könnten über einen separaten Internetzugang, wie einen Gastzugang eines DSL-Routers, verfügen.
Sicherheitsüberprüfungen und -updates: Regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen und das zeitnahe Einspielen von Sicherheitsupdates und Patches für alle Systeme und Anwendungen sind essenziell, um bekannte Schwachstellen zu schließen und die Resilienz gegenüber Cyberangriffen zu erhöhen.
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen können medizinische Praxen die Sicherheit ihrer IT-Systeme verbessern und sich besser gegen die zunehmende Bedrohung durch Cyberkriminalität schützen. Bei Fragen zur Umsetzung oder im Rahmen der Aufarbeitung von Vorfällen steht Ihnen unser Datenschutz und Cyber Security Team zur Verfügung.
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